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Asylgesetzrevision

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Zum ersten Mal ein sozialdemokratisches JA zu einer Asylgesetzrevision

von Julian Fitze, politischer Sekretär SP Thurgau

Das Asylgesetz ist seit seiner Inkraftsetzung 1979 vor allem ein (Wahl-)Kampfinstrument der Rechten. Seit der Einführung wurde das Gesetz so oft verändert wie kein anderes und dabei stetig zu Ungunsten der Schutzsuchenden verschärft. Die SP hat all diese Revision bekämpft - zu Recht, wenn man sich nur die letzten fatalen Änderungen und deren Auswirkungen betrachtet: 2013 wurde das Botschaftsasyl abgeschafft. Damit zwang die Schweiz noch mehr Menschen auf den brutalen See- oder Landweg, wo mittlerweile Tausende Menschen ihren Tod gefunden haben, gleichzeitig wurde Desertation als Fluchtgrund nicht mehr anerkannt - eine populistische Massnahme, die gar keine Anwendung finden darf - da Deserteure in der Regel erschossen werden und wir als Rechtsstaat keine Menschen in den sicheren Tod, Folter oder Kriegsgebiete ausschaffen («Non-Refoulement-Prinzip»).

Nun stehen wir aber vor einer neuen Abstimmung, und tatsächlich scheinen unter der Federführung von SP Bundesrätin Simonetta Sommaruga zum ersten Mal keine Verschärfungen, sondern reale Verbesserungen im Asylgesetz vorgesehen zu sein. Das Ziel der Vorlage ist die Beschleunigung der Verfahren. Diese können sich zurzeit über Jahre hinziehen, was für die Gesuchstellenden einen administrativen Spiessrutenlauf bedeutet - und die Integration über eine Erwerbstätigkeit sowie die Sicherheit, hierblieben zu können, um ein neues Leben zu beginnen, blockiert. Die langen Verfahren heute sind teuer, und für die Gesuchstellenden bedeuten sie: noch mehr verlorene Lebensjahre.

Die rechtsnationalistischen Kräfte haben das Referendum gegen das Asylgesetz ergriffen - ein Vorgang, der bisher vermutlich den Linken vorbehalten war. Mittlerweile ist die Partei, die zurzeit vor allem durch durchgeknallte Reduit- und Stacheldraht-Fantasien, Korruption und die Verteidigung von Wirtschaftskriminellen auffällt, etwas zurückgekrebst. Sie würden keine grosse Kampagne fahren, liessen sie verlauten und haben das Gezeter für einmal an den von ihnen kontrollierten Hauseigentümerverband delegiert. Die Kritikpunkte sind hanebüchen. Natürlich muss ein Staat im Notfall Enteignungen durchführen können und natürlich ist eine kostenlose Rechtsberatung für mittellose Menschen (grössere Bargeldvorräte müssen bei Gesuchstellung sowieso abgegeben werden...) ebenfalls ein ganz normaler Vorgang .

Natürlich gibt es an dem Gesetz auch Kritikpunkte von links. So sollen so genannt «renitente» AsylbewerberInnen ohne ein Richterurteil interniert werden können, und die Gefahr besteht, dass mit dem Pauschalbetrag, den die RechtsberaterInnen pro Fall erhalten, möglicherweise berechtigte Rekurse verhindert werden. Hier muss die SP weiterhin kritisch beobachten. Die Aussichten, die sich im Szenario einer Ablehnung der aktuellen Vorlage ergeben, sind jedoch noch viel düsterer. Mit den neuen rechten Mehrheiten im Parlament darf man bei einer Ablehnung der Vorlage eine Neuauflage erwarten, die sich gewaschen hat. Der Fokus wird dann nicht mehr auf einer ausgewogenen und fairen Variante liegen, sondern - die bisherigen Entscheidungen im Parlament in Bern haben es gezeigt - auf Kostensparen , wo es nur geht und ohne Rücksicht auf Personal und AsylbewerberInnen.

In der Gesamtbetrachtung der Gesetzesrevision wird klar, dass eine konstruktive und eben auch staatstragende linke SP, die wir geworden sind - zumal wir von den Staatszerstörern von rechts auch mehr und mehr in die Rolle gedrängt werden - mit gutem Gewissen, aber weiterhin dringend nötigem kritischen Auge auf die Auswirkungen, zum ersten Mal JA zu einer Asylgesetzrevision sagen kann.

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