Linksrum - Woche 08/2018

Grossratsgeflüster

zugespitzt

Grossratsgeflüster vom 14.02.2018

von Turi Schallenberg, Kantonsrat Bürglen

Der 14. Februar ist der Valtentinstag, der Tag der romantischen Liebe. So romantisch ging es in der Grossratsitzung dann aber doch nicht zu und her und aus vizepräsidialer Sicht stellten sich für mich noch ein paar zusätzliche Fragen, die es an dieser Sitzung zu beachten gab. So zum Beispiel: Werden wir alle Traktanden behandeln können? Sind alle Fraktionssprecher gemeldet und wer streckt wann die Hand hoch? Prompt gab es eine Verwechslung beim Fraktionssprecher der SVP, weil es dort Exponenten gibt, die sich wohl mehr oder weniger bewusst quer verhalten. Es ist nämlich so, dass zu einem Geschäft zuerst immer die Fraktionssprecher sprechen und erst anschliessend die persönlichen Voten vorgetragen werden und darum sollten sich die persönlichen Votanten zu Beginn eines Geschäfts mit der Wortmeldung etwas zurück halten.

Als erstes standen die Einbürgerungsgesuche an. Wie üblich war die Zuschauertribüne überfüllt mit Einbürgerungswilligen. Und im ebenso üblichen Rahmen wurden die Gesuche genehmigt; bei den Gesuchen um kantonales Bürgerrecht von zwei Schweizer/innen standen praktisch alle Kantonsrätinnen und -räte auf. Bei den Ausländer/innen gab es eine stattliche Anzahl SVP-Vertreter, die sich wie üblich nicht erheben mochten.

Während sich die Eingebürgerten mit einem Teil der vorprüfenden Justizkommission zu einen Apéro begaben, nahm sich der Rat den ersten Interpellationen an: Hier kam ein bisschen die politische Romantik zum Tragen. Von den sechs traktandierten Interpellationen wurden bei sage und schreibe deren drei auf Diskussion verzichtet. Dies weil die Interpellanten mit der regierungsrätlichen Antwort zufrieden waren. Nicht diskutiert wurde über einen "Förderpreis Bauliche Nachverdichtung", einen "Folgekostenvergleich einer kulturlandschonenden BTS-Variante" und über "Gute Alternativen zu Minergie-P".
Dafür war der Rat in Redelaune als es um die Interpellation "Poststellennetz im Thurgau - wie kann ein Kahlschlag verhindert werden?" ging. Praktisch alle Rednerinnen und Redner ärgerten sich über den kleiner werdenden Service Public, aber auch in Thurgauer Kantonsparlament ist man sich im Klaren, dass sich die Kommunikationsweisen verändert haben; Man sendet E-Mail, SMS, Whatsapp und viele weitere elektronische Mitteilungen, Geldgeschäfte regelt man über Online-Banking und der Weg zur Post ist für viele unnötiger und wird darum immer seltener. Für uns stellte Barbara Kern klar: "Die SP träumt nicht von der Post vor 40 Jahren, aber man wünscht sich einen professionellen und sozialen Staatsbetrieb, der sich nicht ganz durch Gewinnmaximierung auffressen lässt."
Zum Schluss blieb nur die Gewissheit, dass die Post ein Bundesbetrieb ist, bei dem grundsätzlich auch die Bundesparlamentarier etwas zu sagen haben. Gestalten können wir im Kanton nicht, aber sich zur Wehr setzen schon und wenn wir das nicht schon getan hätten, dann wären wir wohl schon heute um zwölf Poststellen ärmer.

Kein Diskussionsbedarf bestand bei der Redaktionslesung des Steuergesetzes und erstaunlicherweise auch nicht bei der ersten Lesung der Änderung der Besoldungsverordnung. Diskutiert wurden dann noch über die Zukunft der Axpo-Holding. Hier machte Fraktionspräsidentin Sonja Wiesmann für die SP klar, dass wir keine Freunde der Strommarktliberalisierung sind. Diese führe zu Verlierern und es werde vor allem die kleinen Elektrizitätswerke treffen. Die volle Strommarktöffnung ist nur eine Frage der Zeit, sagte darauf Regierungsrat Walter Schönholzer und mit ihr kämen grosse Herausforderungen auf den Thurgau zu.
Ich persönlich bin überzeugt, dass am Schluss der Endverbraucher, also Herr und Frau Schweizer, den Preis dafür zahlen müssen. Die ganze Strommarktöffnung ist ein Etikettenschwindel, der leider mehrheitlich von der Bevölkerung befürwortet wurde.

Traktandum neun wurde vorgezogen, weil es sich um die dritte Interpellation handelte, welche nicht diskutiert werden sollte und Traktandum acht wurde auf die nächste Sitzung verschoben. Die Präsidentin war glücklich, weil fast alle Traktanden behandelt werden konnten und beendete die Sitzung um zwölf Uhr.

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